Reise nach Uganda


Von Kampala aus starteten wir Richtung Norden nach Soroti, wo wir ein Projekt unserer Partnerorganisation „Vision Terudo“ (66421) besuchen. Die Begrüßung ist warmherzig, es wird ein Lied gesungen, in dem es um die bereits erzielten Fortschritte ging. Die Hauptziele des Projekts sind die Verbesserung der sozialen, ökonomischen und politischen Verhältnisse der Frauen, ein sicheres Umfeld zur Förderung und zum Schutz der Rechte der Kinder zu schaffen und gute Ausbildungsmöglichkeiten für die Jugendlichen bereitzustellen.


Wir lernen dort die Frauen der CLA („Cluster Level Association“), dem übergeordneten Dachverband der Selbsthilfegruppen, kennen. Die CLA gibt es seit sieben Jahren und sie besteht aus neun Selbsthilfegruppen, die je zwei Mitglieder in die CLA entsenden. Die Frauen erzählen uns freudig, was durch ihren Tatendrang schon alles erreicht werden konnte: Es gibt Trainings für Jugendliche, welche die Schule abgebrochen haben, medizinische Versorgung, wie beispielsweise Impfungen gegen Hepatitis, und eine Mühle, um Maismehl für den Maisbrei „Posho“ herzustellen.
Eine weitere wichtige Aufgabe der CLA ist die politische Ebene: Durch Vernetzung mit Entscheidungsträgern können die Frauen für Verbesserungen der gesamten Gemeinschaft sorgen. „Über 1.500 Spaten haben wir für unsere Dorfbewohner*innen bekommen, sogar Ochsenkarren, die Bewirtschaftung unserer Felder ist jetzt viel einfacher als früher“, erzählt eine der Frauen. Eine andere sagt: „Und die Schule wurde ausgebaut, jetzt können mehr Kinder am Unterricht teilnehmen!“ Und eine dritte Frau berichtet davon, dass es hier früher für schwangere Frauen keine Gesundheitseinrichtung gab, mittlerweile wurde aber eine Geburtenklinik errichtet, in der die Frauen unter medizinischer Aufsicht gebären können.


Die 27-jährige Margret ist besonders stolz auf ihren Werdegang, der ohne die Hilfe des Projekts niemals möglich gewesen wäre. Sie hat früh die Schule abgebrochen. Arbeit oder eine Ausbildung hatte sie nicht. Ihre Mama war Mitglied in einer Selbsthilfegruppe und Margret hat dadurch die Chance erhalten, eine Schneider*innenausbildung zu machen. Mit ihrem ersten eigenen Gehalt, das sie als Schneiderin verdient hat, hat sie sich eine Ziege gekauft und anschließend gewinnbringend weiterverkauft. Mit dem Gewinn hat sich Margret einen Stier und erneut eine Ziege gekauft. Die Ziege hat bereits drei Junge zur Welt gebracht, durch deren Verkauf Margret erneut Einkommen generieren konnte. Heute ist sie selbstständig, hat sich mit ihrem Einkommen sogar eine eigene Nähmaschine leisten können und verdient durch den Verkauf ihrer selbstgenähten Kleider und durch Auftragsarbeiten umgerechnet 62 Euro im Monat und kann davon gut leben. Aufgrund all dieser Erfolge ist es Margret nun möglich, ihre Tochter in die Schule zu schicken.


Der 20-jährige Paul konnte sich durch die Unterstützung des Projekts seinen Traum, als Tischler zu arbeiten, verwirklichen. Auch er war gezwungen, die Schule frühzeitig zu verlassen, da seine Eltern sehr arm waren und ihrem Sohn keine Bildung oder Ausbildung ermöglichen konnten. Durch seine Mutter, die ein Selbsthilfegruppen-Mitglied ist, hatte er die Möglichkeit, das Tischlerhandwerk zu erlernen. Mittlerweile hat er seinen eigenen kleinen Betrieb. Paul kauft die Bäume von Menschen in der Umgebung und lässt sie direkt auf seine Bedürfnisse zuschneiden. Er stellt vor allem Stühle, Betten, Tische und kleine Kästchen her und kann diese auch reparieren. Meistens produziert er seine Stücke auf Bestellung und hat direkten Kundenkontakt. Im Monat erzielt er meist einen Umsatz zwischen 75 und 125 Euro.
Mit seinem Einkommen hat Paul sich bereits Schweine, Ziegen, Kühe und besseres Werkzeug kaufen können. Die Tiere möchte er in Zukunft verkaufen, um weiteres Einkommen zu generieren. Und Paul will als Trainer tätig sein, um sein Wissen und seine Erfahrung an andere Jugendliche weiterzugeben.


Für uns geht es dann weiter nach Mbale, um die Menschen im Projekt „Mbale Diözese“ (66332) zu treffen. In diesem Projekt wurden bereits 40 Selbsthilfegruppen gegründet, in denen bisher 70 Prozent der Mitglieder Mikrokredite aufgenommen haben, um kleine Unternehmen zu gründen. Wir besuchen die Frauen einer Selbsthilfegruppe, die aus 20 Mitgliedern besteht. Sie verdienen ihr Geld hauptsächlich durch verschiedene Geschäftstätigkeiten, wie den Verkauf von Fisch, Reis, Matoke (Mahlzeit aus Kochbananen) und Maniok (tropisches Wurzelgemüse). Einen Teil des Einkommens sparen sie an, um einander Kleinkredite zu geben: Die Empfängerinnen wechseln sich ab, je nachdem, wer gerade Geld benötigt.


Die Frauen erzählen uns reihum, was die Teilnahme an der Selbsthilfegruppe bereits bewirkt hat: vom besseren Verhalten ihrer oftmals gewalttätigen Männer bis hin zu einem stärkeren Selbstbewusstsein, eine eigene Meinung und Ideen zu haben, dazu zu stehen und sie auch nach außen zu vertreten. Durch den Druck, den sie bei den örtlichen Entscheidungsträgern gemacht haben, wurde der Brunnen im Dorf repariert und somit die Wasserversorgung verbessert. „Bevor ich Mitglied bei der Selbsthilfegruppe war, wusste ich nicht, was Sparen überhaupt bedeutet. Ich habe mich den ganzen Tag nur um den Haushalt gekümmert und war von meinem Mann abhängig. Früher wäre ich vor lauter Angst sogar vor euch zwei weggelaufen! Jetzt kann ich ohne Probleme mit euch plaudern und diskutieren.“, lacht eine der Frauen. Durch das Projekt wurde sie selbstbewusster, bekommt immer Unterstützung von den anderen Mitgliedern und hat ihr eigenes Einkommen.
Besonders berührt hat uns die Lebensgeschichte der 45-jährigen Esther. Ihr Haus wurde durch ein Unwetter komplett zerstört. Zu dem Zeitpunkt war sie hochschwanger und ihr Mann und sie konnten sich gerade noch retten. Übrig geblieben sind nur ein paar Wellblechplatten, die sie notdürftig so drapiert haben, dass sie darunter einen Platz zum Schlafen finden konnten. „Ich fühlte mich so hilflos, unser gesamtes Hab und Gut, das Essen, alles war plötzlich weg“, erzählt sie traurig. Esther wandte sich dann hilfesuchend an das Projekt. Die Mitarbeiter*innen haben sie aufgenommen und so konnte sie Teil einer Selbsthilfegruppe werden. Von ihrem ersten Kredit kaufte sie sich Saatgut, um eine Tomatenzucht zu starten. Das funktionierte so gut, dass sie mit dem Verkauf der reichhaltigen Ernte fast 500 Euro verdiente. Sie begann, ihr Haus Schritt für Schritt wiederaufzubauen und pflanzte erneut Tomaten an. Diesmal konnte sie mehr als 700 Euro einnehmen, wovon sie sich unter anderem eine Ziege kaufte, die mittlerweile drei Junge hat. Mit der Starthilfe und der Unterstützung des Projekts ist sie sogar in der Lage, das Schulgeld für ihre Kinder zu bezahlen. Zudem hat sie ihre Geschäftstätigkeit ausgeweitet und verkauft nun auch „Mukene“, das sind die in der Region vorkommenden Silberfische, und Palatschinken.


Jinja am Viktoriasee ist unser nächstes Ziel. Dort begrüßen uns die Mitarbeiter*innen des Projekts „Mukono Diözese“ (66401) sehr freundlich und erzählen uns, dass schon über 2.000 Frauen und ihre Familien von der Arbeit profitieren. Die Hälfte davon hat bereits ein Kleinunternehmen gestartet, sodass sie in der Lage sind, gut für ihre Kinder zu sorgen. Zukünftig sollen noch weitere tausend Frauen die Möglichkeit bekommen, ihr Leben und somit das ihrer Familien zu verbessern. Über 150 Jugendliche konnten zudem schon eine Ausbildung abschließen. Zwei davon sind Frank und David. Zu Beginn ihrer 8-monatigen Ausbildung konnten sie sich zwischen verschiedenen Berufen, wie Schneider*in, Friseur*in, Tischler*in, Telefonreparateur*in, Schuhmacher*in, Elektriker*in und Landwirt*in, entscheiden.


Frank und David entschieden sich dazu, Elektriker zu werden, da vor Ort zwar Strom vorhanden, aber nahezu kein Haus an das Stromnetz angeschlossen ist. Daher gibt es zahlreiche Aufträge für die Beiden, die nun nach und nach die einzelnen Häuser mit einer Stromversorgung ausstatten. Im Kurs lernten sie die richtige Verkabelung von Häusern und die Reparatur von Steckdosen. Die Ausbildung endete im August 2020 und seit September 2020 arbeiten Frank und David gemeinsam als Elektriker. Gestartet haben die Beiden mit Schraubenzieher, einem Phasenprüfer und Handschuhen, "mehr hatten wir damals nicht zur Verfügung". Seitdem haben sie mehr als zehn Häuser neu verkabelt. Sie machen ihre Arbeit gut und werden oft weiterempfohlen. Für ein Haus erhalten sie umgerechnet knapp 75 Euro und im Monat rund 175 Euro. Mit ihren ersten Einnahmen haben sie in ihre Arbeitssicherheit investiert und sich Helme und Sicherheitsschuhe gekauft.


Am nächsten Tag fahren wir weiter in den Süden nach Masaka, wo wir die mobilen Farmschulen für Jugendliche, die die Schule abgebrochen haben, besuchten. Unsere Partnerorganisation „Kitovu Mobile“ (66111) gibt es bereits seit 1998.
Wir lernen Alex kennen, der die Schule mit acht Jahren abgebrochen hat, weil sich seine Eltern nicht für alle ihre Kinder die Schulbildung leisten konnten. Danach musste er gemeinsam mit seiner Mutter in den Gärten anderer Leute arbeiten, um Geld zu verdienen. Nach fünf Jahren wurden die Mitarbeiter*innen des Projekts auf ihn aufmerksam und boten ihm an, eine vierjährige Ausbildung in der Kitovu-Mobile-Farmschule zu absolvieren. Das Konzept der Farmschule ist einfach: Hier werden jugendliche Schulabbrecher*innen vier Jahre lang in nachhaltigen landwirtschaftlichen Anbaumethoden, Aufforstung, Wasserspeicherung, Haushaltsführung, aber auch Lesen und Schreiben sowie Buchhaltung geschult. Das Besondere an der Kitovu Mobile Farm School: Sie ist – wie der Titel schon sagt – mobil und kommt direkt in die Dörfer, die Jugendlichen müssen nicht erst viele Kilometer zu Fuß zurücklegen.


„Gegen Ende der Ausbildung bekam ich vom Projekt eine Starthilfe von 25 Euro und konnte beginnen, Maracujas anzubauen. Mit meiner ersten Ernte habe ich dann sogar 150 Euro verdient und kaufte mir Land, um meine Landwirtschaft auszubauen.“ Bald darauf nahm Alex bei einem Wettbewerb zum besten Farmer/zur besten Farmerin teil und wurde Erster. „Mit dem Gewinn konnte ich mir eine Kuh kaufen, die mittlerweile drei Junge hat. Und den Kuhdung kann man sehr gut als Dünger für meine Pflanzen verwenden!“, erzählt Alex stolz. Mittlerweile verfügt Alex über mehrere Hektar Land und verdient mit dem Anbau von Kaffee und Maracujas fast 5.000 Euro im Jahr. Er hat sich ein Haus gebaut, zahlt die Schulgebühren seiner Geschwister und bildet andere Jugendliche aus. „In Zukunft möchte ich noch mehr Land kaufen und einen modernen Brunnen bauen.“, verrät uns Alex seine Pläne.


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